Veranstaltung „Zukunft Kernenergie?“ der FU und der MIT Baden-Baden

Am 15. April 2023 hat Deutschland den Atomausstieg vollzogen, inmitten der größten Energiekrise und entgegen des Rates vieler Verbündeter und Fachleute.

So erhebt zum Beispiel die Petition „Stuttgarter Erklärung“ von Prof. Dr. André Thess, Inhaber des Lehrstuhls für Energiespeichertechnik an der Universität Stuttgart, und weiteren 19 aktiven deutschen Universitätsprofessoren die folgenden drei Forderungen:

1)    Den Weiterbetrieb der drei noch laufenden Kernkraftwerke über den 15. April 2023 hinaus
2)    Auch die drei zuletzt stillgelegten Kernkraftwerke wieder betriebsbereit zu machen, da sie für die Energiesicherheit benötigt werden 
3)    Eine Abwägung zwischen den Risiken des Klimawandels und den Risiken der Kernenergie, verbunden mit einer öffentlichen Diskussion auf wissenschaftlicher Basis

In der gesamtdeutschen Bevölkerung gibt es inzwischen eine Mehrheit für den längerfristigen Weiterbetrieb unserer Kernkraftwerke. Und auch die fünf Wirtschaftsweisen sagen: Die Laufzeiten unserer AKWs müssen verlängert werden, um die Energiekrise zu bewältigen.

Noch interessanter wird es beim Blick über den deutschen Tellerrand: Der IPCC empfiehlt die Nutzung von Kernenergie zum Erreichen der Klimaziele. Die EU sagt: Kernenergie ist nachhaltig. Selbst die finnischen Grünen sagen: Ohne Kernenergie geht es nicht. Polen steigt in die Kernenergie ein. Belgien verschiebt den Atomausstieg auf 2035, auch Schweden hat sich vom Atomausstieg schon wieder verabschiedet. Frankreich plant den Bau neuer Kernkraftwerke. Großbritannien setzt auf Kernenergie, genau wie Tschechien, die Niederlande, Estland, Lettland, Bulgarien, Ungarn, Litauen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien und auch die Ukraine, trotz Tschernobyl. Japan hält an der Kernenergie fest, trotz Fukushima. Kanada hat die Kernenergie als „saubere Energieform” anerkannt. Auch die USA unterstützen die Kernenergie, ganz explizit auch die linksliberale Regierung unter Joe Biden. Der US-Außenminister Antony Blinken hat im Sommer 2022 bei den Vereinten Nationen sinngemäß gesagt: „Kernenergietechnologien helfen der Welt, ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und den Klimawandel zu bekämpfen. Die friedliche Nutzung der Kernenergie ist ein Weg, um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung erreichen zu können.“

Weltweit sind 440 Kernkraftwerke in Betrieb, 55 werden neu gebaut. Laut der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) arbeiten rund 90 Startups an neuen Kernkraftwerkstechnologien. Nur in Deutschland wurden die sichersten und zuverlässigsten Kernkraftwerke frühzeitig abgeschaltet. Allein die im April 2023 abgeschalteten drei Kernkraftwerke konnten 10 Millionen Haushalte mit günstigem, wetterunabhängigem und CO2-freiem Strom versorgen. 

Die MIT und die FU Baden-Baden haben darum im November 2022 zur bis auf den letzten Platz gefüllten Veranstaltung „Zukunft Kernenergie?“ ins Kurhaus Baden-Baden eingeladen. 

Als Referenten durften wir Prof. em. Dr. Horst-Michael Prasser mit dem Vortrag „Potenziale der Kernenergie für Umweltschutz und Versorgungssicherheit“ sowie Dr. Björn Peters mit dem Vortrag „Innovationskraft der Kernenergie am Beispiel von Dual Fluid Energy“ begrüßen. Weitere Informationen zu den Referenten siehe unten. Beide Vorträge haben wir aufgezeichnet und auf dieser Seite für Sie zum Abruf bereitgestellt.

Prof. em. Dr. Horst-Michael Prasser war von April 2006 bis Januar 2021 ordentlicher Professor für Kernenergiesysteme an der ETH Zürich. Von 2007 bis 2017 leitete er parallel das Labor für Thermohydraulik am Paul Scherrer Institut. Zwischen 2008 und 2011 war er Mitglied des ENSI-Rates, des Aufsichtsgremiums des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats. Prasser wurde 1955 in Görlitz, Deutschland, geboren, studierte von 1974 bis 1980 am Moskauer Energetischen Institut und promovierte 1984 an der damaligen Ingenieurhochschule Zittau. Anfang 1987 ging er an das Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden. In der Phase der deutschen Wiedervereinigung wirkte er als persönlicher Referent des wissenschaftlichen Direktors an der Gründung des Forschungszentrums Rossendorf mit. Seit 1994 leitete Prof. Prasser die Abteilungen Störfallanalyse und Experimentelle Thermofluiddynamik am dortigen Institut für Sicherheitsforschung. An der ETH Zürich arbeitet Prof. Prasser vorrangig auf dem Gebiet der Thermofluiddynamik kerntechnischer Anlagen mit Schwerpunkt auf experimentellen Methoden und innovative Messverfahren. Prof. Prasser hat maßgeblich bei der Etablierung des Masterprogramms «Nuclear Engineering» mitgewirkt, das die ETH Zürich seit 2008 gemeinsam mit der EPF Lausanne anbietet.

Dr. Björn Peters ist Physiker, Unternehmer, Energieökonom, Politikberater und energiepolitischer Blogger. Er leitet das private Forschungs- und Beratungsunternehmen Peters Coll. In verschiedenen Positionen in Unternehmensberatung und bei Finanzinstituten, wo er für die Rohstoff- und Energiemärkte zuständig war, gründete er mehrere Unternehmen und Fonds, und er entwickelte wirtschaftliche und politische Strategien zur Überwindung der ökologischen Krise. Im Jahr 2018 war er Mitgründer der weltweiten Nuclear Pride Coalition. Seit 2021 ist er Chief Financial Officer des Nuklear-Startups Dual Fluid.